Persönliche Texte

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Tag im Jüdischen - Historischen Institut

 

 

 

 


Im Programm stand die ganze Zeit, dass wir ins Jüdische - Historische Institut gehen. Zuerst war mir gar nicht klar, wie schlimm dieser Besuch werden würde. Bis dahin war das Pawiak GefängnisDer Pawiak das Schlimmste; allerdings, irgendwie fand ich das im Nachhinein nicht so heftig. Also sind wir zum Institut gefahren nicht ahnend, was da genau auf uns zukam. Wir brachten unsere Garderobe unter und versammelten uns in einem Raum. Dort hat uns der Leiter der deutschen Abteilung des Instituts erzählt, wie und warum es gegründet wurde und welche Erfahrungen sie mit verschiedenen Besuchergruppen gemacht haben. Er sagte, wir würden uns einen Film ansehen und hat von den Reaktionen anderer erzählt, die den Film gesehen haben.
Dabei habe ich mich noch gefragt, ob die nicht etwas übertrieben reagiert haben. Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen, dass die Zeit im Ghetto so schlimm gewesen sein könnte. Danach sind wir nach oben gegangen, um den Film zu sehen.
In der Halle neben der Treppe hing eine große Karte von Polen, auf der für jede jüdische Gemeinde vor dem Holocaust ein Lämpchen leuchtete. Es waren unheimlich viele, wenn man bedenkt, wie wenige esWarschauer Ghetto heute nur noch sind. Dann haben wir den Film gesehen, er war sogar in Deutsch. Ich fand es schlimm, niederschmetternd und beschämend: die Schmugglerkinder, die bei jedem Schmuggelzug ihr Leben riskierten, die abgemagerten Menschen und die vielen LeichenErnährung, die wie reine Knochengestelle aussahen. Überall lagen sie herum, niemand trauerte um sie. Sie wurden nur eingesammelt und weggeschafft, als wären es keine Menschen. Es schien so alltäglich, dass jemand auf der Straße einfach zusammenbrach und tot war. Wir kennen Spielfilme, in denen viele Menschen sterben, in diesem Film sahen wir wie Menschen in Wirklichkeit starben. Da habe ich erst einmal begriffen, über was und von welchen Dimensionen wir geredet haben.
Als der Film zu Ende war, war ich wie erschlagen. Nebenan war eine Ausstellung. Irgendwie habe ich mich überwunden, auch noch die Ausstellung zu besichtigen, aber viel davon bemerkt habe ich nicht. Nach und nach sind alle aus der Ausstellung gegangen wieder in den Raum, wo wir vor dem Film waren. Bis dahin habe ich niemanden weinen sehen, dann kam es irgendwie. Wie lange wir da gesessen und geweint haben, weiß ich nicht – und jeder hat aus einem anderen Grund geweint, jeden hatte etwas anderes beeindruckt, jeder hatte seine eigenen Gedanken dazu. Irgendwann, als wir uns etwas gesammelt hatten, haben wir eine Gesprächsrunde gemacht, in der jeder gesagt hat, was er so schlimm fand.

Ich war froh, dass wir danach gegangen sind. Zuerst bin ich auf `s Klo gegangen, habe mir die Tränen abgewaschen und mir vorgenommen, jetzt nicht mehr zu weinen. Es hat nicht funktioniert. Als ich wieder zu den anderen kam, war Herr Kuzba zurückgekommen. Er hatte eine Tüte mit Berlinern und anderem Gebäck mitgebracht, um uns zu trösten. Ich fühlte mich absolut nicht in der Lage, etwas zu essen. Frau Richert jedoch meinte, es wäre unfreundlich von mir, keinen Berliner zu nehmen. Also nahm ich einen, er hatte es ja nur gut gemeint. Den Berliner habe ich jedoch nicht gegessen - nach diesem Film hat er einfach nicht geschmeckt. In kleinen Gruppen sind wir losgezogen, den Tag so zu verbringen, wie wir es für uns brauchten. Ich bin mit ein paar anderen ins Einkaufszentrum gegangen - uns ablenkenEntspannung am Fluss.
Am Nachmittag haben wir uns noch einmal getroffen und über den Tag geredet. Für das Institut sollten wir dann noch etwas schreiben. Wir haben FußspurenSpuren hinterlassen mit unserer Meinung zum Film geschrieben, ob man ihn zeigen solle und wem. Obwohl man geteilter Meinung sein kann hat sich unsere Gruppe für das Zeigen des Films ausgesprochen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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