Persönliche Texte

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wovon Herr Kuzba erzählt

 

 

 

 


Herr Kuzba war fünf Jahre im Konzentrationslager Sachsenhausen. Er hat den Todesmarsch Richtung Lübecker Bucht mitmachen müssen. Er ist befreit worden. Er hat überlebt. Während unserer gemeinsamen Woche hat er immer wieder von den Erlebnissen im Konzentrationslager und den Erlebnissen während des Todesmarsches gesprochen.
Ich habe immer gedacht diese Gespräche brauchen einen Ort. Ruhe. Zeit. Vielleicht einen Tisch und Papier zum Schreiben. Herr Kuzba erzählt an der Bushaltestelle, in der Straßenbahn, er kopiert uns Texte und legt sie uns bei Mc Donalds auf den TischMan lernt einen Menschen kennen. Er sagt häufig ”Erinnerung ist meine Krankheit” Immer wieder fallen die Wörter Sachsenhausen, Todesmarsch, Belower Wald, Sachsenhausen 60 Jahre nach der Befreiung, Station Z. Es liegt ihm viel daran, uns einen polnischen Text über die ”optimale Verwirtschaftung der Häftlinge” zu übersetzen......
Herr Kuzba wurde verhaftet, weil er als Lehrer arbeitete. Die Nationalsozialisten wollten damals die gesamte polnische Intelligenz auslöschen. Nebenbei, in der Straßenbahn sagt er: ”Ich kann besser stehen, die Gestapo hat meinen Rücken kaputt gemacht.”
Er erzählt uns, dass am Tor zum einstigen Konzentrationslager Sachsenhausen der Spruch steht ”Arbeit macht frei”. Herr Kuzba erklärt uns: ”Wir haben immer gesagt Arbeit macht frei vom Leben.” Zwischen 1936 und 1945 waren in Sachsenhausen mehr als 200000 Menschen aus 44 Nationen gefangen. Zehntausende starben an Krankheiten, Hunger, Misshandlungen, Zwangsarbeit oder wurden von der SS direkt ermordet.

”Station Z”
Eingang des ehemaligen KZ SachsenhausenDer Ausdruck ”Station Z” wurde von der SS gewählt. Gemeint war die Vernichtungsanlage im KZ Sachsenhausen. Ein Krematorium mit 4 Verbrennungsöfen, einer Gaskammer mit Genickschussanlage. Immer wieder erinnert Herr Kuzba an seine Kameraden, die ermordet wurden.
Herr Kuzba kehrte 60 Jahre nach der Befreiung des KZ Sachsenhausen an diesen mit schrecklichen Erinnerungen behafteten Ort zurück. Er nimmt an der Einweihung der neuen Gedenkstätte am 17. April 2005 teil.

Belower Wald
Am 21. April 1945 wurde das Konzentrationslager Sachsenhausen evakuiert und die Lagerhäftlinge In Kolonnen von 500 Personen Richtung Ostsee getrieben. Himmler hatte angeordnet, dass kein lebender Häftling in die Hände des Feindes fallen durfte. Die Lagerinsassen mussten täglich 20 bis 40 km Richtung Ostsee wandern. Häftlinge, die zu schwach waren, so weit zu wandern, wurden unterwegs erschossen. Ziel des Todesmarsches war die Lübecker Bucht. Herr Kuzba schreibt in seinem Text davon, dass die SS plante alle Häftlinge im Meer zu ertränken. Ab dem 23. April erreichten Häftlinge den Belower Wald. Die SS-Leute hatten das Waldstück mit Stacheldraht umzäunt. Es gab nichts zu essen. Die Häftlinge aßen Blätter von Bäumen und Unkraut vom Boden. Die Häftlinge blieben im Belower Wald bis zum 29. April 1945. Danach wurde weiter marschiert.
Und endlich nahte Rettung. Am zweiten Mai wurden die Häftlinge von den Alliierten befreit. Herr Kuzba spricht von einem Wunder.
Aber er spricht auch von seinen vielen Kameraden, die den Todesmarsch nicht überlebt haben…. Bei den Todesmärschen kamen tausende Häftlinge ums Leben.
Als Herr Kuzba ins KZ kam wog er 80 Kilo, nach seiner Befreiung 38 kg.
Der Todesmarsch verfolgt Herrn Kuzba heute noch in Albträumen.

Wie unmenschlich und dabei berechnend die Nationalsozialisten waren erklärt uns Herr Kuzba indem er uns einen polnischen Text übersetzt. Thema ist:

Die optimale Verwirtschaftung der Häftlinge
Das Leben eines Häftlings wurde gerechnet auf 9 Monate.
Ein Häftling erwirtschaftet pro Tag 6 Mark
Davon abzuziehen
Kosten der Ernährung 0,6 Mark
Kosten für Kleidung 0,1 Mark
Gewinn in 9 Monaten
270 x5,30 Mark = 1431 Mark

Effektivität der Verwirtschaftung der Leichen
Goldene Zähne
Bekleidungorg. Text betrachten
Ringe, Schätze
Abzüglich der Verbrennungskosten von 2 Mark
Effektivität netto 200 Mark
Gesamtgewinn nach 9 Monaten 1631 Mark

Monatlicher Gewinn der SS/ des Lager
50 Millionen Mark

 

Wir schweigen und gedenken sprachlos.

Herr Kuzba sagt er hat diese schreckliche Zeit überlebt, weil er niemals seinen Humor verloren hat. .....
Er sagt beim gemeinsamen Essen am Abschiedsabend als wir uns mit ihm und unseren anderen Gästen eine Flasche Wein teilen und wir ihm zuprosten: ”Von allen Seiten angeschossen.”
Auf dem Weg zum jüdischen Friedhof erklärt er uns: ”ZUM FRIEDHOF SOLL MAN LANGSAM GEHEN.”

Lieber, lieber Herr Kuzba, wir hoffen, dass Sie noch viel Zeit haben und wir Sie bald wiedersehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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