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Was macht eine Clownsnase in Treblinka?

 

 

 

 

Mahnmal in Treblinka


Die rote Nase ist von der großen Spendengala “Red Nose Day” und für einen guten Zweck verkauft worden. Mit dem Kauf dieser Nase hat man geholfen, wo es nötig ist, etwas aufzubauen. Sie lag lange Zeit auf einem Ehrenplatz im Regal. Nach den Vorbereitungen für die Fahrt nach Warschau ist mir klar geworden, dass wir dort so einiges und auch heftiges erleben werden. Nach meinen Erfahrungen von Fahrten überhaupt gibt es mit Sicherheit einige Personen, die nach einem schlimmen Erlebnis gern getröstet und aufgeheitert werden möchten und müssen, denn ich kann Leute nicht ständig traurig sehen. Also kurzerhand, Tasche auf und Nase rein. Die ganze Fahrt über hätte ich nicht gedacht, dass sie zum Einsatz kommen würde.

 

 

 

Im Jüdischen Historischen InstitutDas Jüdische Historische Institut fehlte sie daher; dabei hätte man sie dort gut gebrauchen können. Als wir dann einige Tage darauf nach Treblinka gefahren sind, ist sie mit dabei gewesen. Lange, lange musste sie warten, doch dann ist sie zum Einsatz gekommen. Als wir auf dem riesigen Gelände standen und uns der eisige Wind um die Nase wehte und so ziemlich alle von dem Ausmaß der Steinfelder beeindruckt und zugleich erschüttert waren und anfingen zu weinen, ist meine Hand ganz automatisch in die Tasche gegangen und zog die Nase heraus. Es sollte keinesfalls spöttisch, ignorant oder beleidigend wirken. Selbst ich fing an zu weinen, weil alles um mich herum traurig, vergessen, kalt und verlassen wirkte. Es stimmt, einige Leute werden wohl sagen, dass eine rote Nase in einer Gedenkstätte für den Holocaust nicht passend sei, wo doch so viele Tausende Menschen an diesem Ort ihr Leben verloren haben.

Mahnmal

 

 

 

Detailansicht

Ich kann nur sagen, dass ich mich mit der Geschichte von Treblinka befasst habe und weiß, dass die Menschen aus aller Herren Länder mit Zügen hierher gebracht worden waren und sofort in die Gaskammern kamen. In der näheren Umgebung gab es zu dieser Zeit keine Siedlungen und es war unter den Häftlingen der anderen Konzentrations-lager bekannt, dass nie ein großer Transport mit Lebensmitteln nach Treblinka gefahren ist und alle, die wussten, dass sie nach Treblinka kommen sollten, wussten zugleich, dass ihr Leben so gut wie vorbei war. Die Welle der Ehrfurcht und das Gedenken an diesem Ort war für uns alle größer als alle anderen Eindrücke zuvor.

 

 

 

Doch mir war es wichtig, dass die Situation nicht so endete wie im Institut, Tage zuvor, denn eines meiner persönlichen Mottos lautet: “Ein Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag.” Also galt es für mich, die traurigen Personen wieder aufzuheitern. Es war schön, dass sie sich gefreut und mich in die Arme genommen haben. Denn auch das hat nicht nur mir gut getan, sondern allen anderen auch. Sie sollten nicht vor Trauer zusammenbrechen, egal ob äußerlich oder innerlich.

Bei der Kälte auf dem Gelände froren wir am ganzen Körper, doch die Nase verbreitete ein bisschen Wärme. Sie hielt mit meinem Atem meine Nase schön warm.

 

Anna

 

 

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